Betriebsstruktur für Winterdienststandorte festlegen
Facility Management: Aussenanlagen » Winterdienst » Betriebskonzepts

Betriebsstruktur für Winterdienst festlegen
Ein Betriebskonzept im Facility Management legt fest, wie Gebäuden und Außenanlagen effizient genutzt und gewartet werden. Speziell im Winterdienst sichert es, dass Verkehrswege und Plätze auch bei Eis und Schnee passierbar bleiben. Die Ausgestaltung dieses Konzepts muss der Organisationsstruktur des Trägerunternehmens entsprechen und als Teil des übergeordneten Objekthandbuchs integriert sein. Es sei betont, dass ein Winterdienst-Betriebskonzept alle betrieblichen Abläufe, benötigten Ressourcen und Zuständigkeiten systematisch dokumentiert. Es ist somit ein zentrales Werkzeug für FM-Verantwortliche, um Klarheit über Prozesse und Verantwortlichkeiten zu schaffen und Haftungsrisiken zu minimieren.
Betriebskonzept Winterdienst FM
Rahmen
Ein Winterdienstbetrieb unterliegt vielfältigen rechtlichen und normativen Anforderungen. Verkehrssicherungspflicht bedeutet, dass der „Verantwortliche … notwendige und zumutbare Vorkehrungen (Sicherungsmaßnahmen) treffen [muss], um Schäden anderer zu verhindern“. Dies entspricht einer deliktsrechtlichen Verhaltenspflicht (vgl. §§ 3,4 ArbSchG und § 2 DGUV Vorschrift 1) des Arbeitgebers. Bei Nichteinhaltung drohen Schadensersatzansprüche nach § 823 BGB. Daher müssen im Betriebskonzept alle winterdienstlichen Pflichten (Räumen, Streuen, Markieren) so geregelt werden, dass Wege zu Beginn des Arbeitstages frei und im Tagesverlauf sicher bleiben. Typischerweise schreiben Vorschriften vor, dass Räumarbeiten werktags bis ca. 7:00 Uhr beendet und die Verhältnisse bis etwa 20:00 Uhr sicher gehalten sein müssen. An Sonn- und Feiertagen genügt meist eine Aufräumung bis ca. 8:00–9:00 Uhr. Wichtig ist auch, dass die konkreten Pflichten auf kommunaler Ebene durch Winterdienstsatzungen festgelegt sind. Ein FM-Manager muss daher sowohl bundesrechtliche Grundlagen als auch lokale Bestimmungen kennen.
Zusätzlich zu rechtlichen Aspekten stehen betriebliche Regelwerke und Normen zur Verfügung. So definiert etwa die Vornorm DIN / TS 1108-5 (2020) Anforderungen an professionelle Winterdienstleistungen auf Verkehrsflächen (außer Autobahnen). Darüber hinaus gibt es DIN-Normen für Winterdienstfahrzeuge und -ausrüstung (z. B. DIN EN 15430-1 für Datenerfassung in Winterdienstfahrzeugen). Diese Normen stellen sicher, dass Fahrzeuge und Material den Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen genügen.
Im Lichte aktueller Klima- und Umweltziele gewinnt die Nachhaltigkeit im Winterdienst an Bedeutung. Fachquellen empfehlen salzfreie, abstumpfende Streumittel wie Sand, Splitt oder Granulat (oft mit „Blauem Engel“ zertifiziert), da sie Eis nur mechanisch bekämpfen und keine schädlichen Umwelteinflüsse (Grundwasserverschmutzung, Vegetationsschäden, Korrosion) verursachen. Das Umweltbundesamt weist darauf hin, dass traditionelles NaCl-Streusalz in vielen Kommunen verboten ist, weshalb umweltfreundliche Alternativen bevorzugt werden sollten. Ferner empfehlen Anbieter emissionsarme Fahrzeuge und optimierte Routenplanung, um den CO₂-Ausstoß des Winterdienstes zu minimieren.
Es bildet der theoretische Rahmen die Grundlage für das Betriebskonzept: Es muss die verfügbaren Normen (DIN/TS 1108-5 etc.), rechtlichen Vorgaben (Verkehrssicherungspflicht, Kommune) und Nachhaltigkeitskriterien ebenso integrieren wie Kostenüberlegungen (Effizienz durch Routenoptimierung und wirtschaftliche Materialauswahl).
Ein Betriebskonzept gliedert sich üblicherweise in mehrere Bereiche:
Organisationsstruktur (Hierarchie): Es definiert die Aufbauorganisation und Kommunikationslinien für den Winterdienst. Typischerweise gibt es eine Winterdienstleitung (oder einen Bereichsleiter Außenanlagen), die für die Gesamtkoordination zuständig ist, gefolgt von Einsatzkoordinatoren/Disponenten, Truppführern und Einsatzkräften. Eine effiziente Organisation teilt das Personal in räumliche Trupps unter erfahrenen Vorarbeitern ein. Die Einsatzleitung ordnet jedem Gebiet oder Objekt einen Verantwortlichen zu und koordiniert zentral die Einsätze. Bei großen Standorten (z. B. Campus oder Park) kann auch eine Schichtorganisation mit Bereitschaftsdiensten nötig sein.
Funktion
Funktion / Rolle | Hauptaufgaben |
---|---|
Betriebs- bzw. Winterdienstleitung | Gesamtkoordination, Einsatzplanung, Schnittstelle zur Unternehmensführung. Organisiert Schulungen und prüft die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht. |
Disponent / Einsatzkoordinator | Wetterbeobachtung, Erstellen von Einsatz- und Streuplänen (Tourenplanung), Materialdisposition (Streugutvorräte). |
Truppleiter (Räumgruppenführer) | Führung eines Einsatztrupps vor Ort (i. d. R. 2–4 Personen), Zuteilung der Fahrzeuge und Werkzeuge im Team, Bericht an die Einsatzleitung. |
Winterdienstpersonal | Durchführung der Räum- und Streuarbeiten. Bedienung von Räumfahrzeugen, Schneeschiebern und Streugeräten. |
Ablauf- und Einsatzprozesse: Der Prozess beginnt mit der Wettervorhersage und -überwachung. Moderne Konzepte nutzen zentrale Wetterdienste und Frühwarnsysteme. Basierend darauf werden Einsatzentscheidungen getroffen (z. B. definierter Grenzwerte für Räumbeginn). Ist Einsatzalarm, alarmiert die Leitung die Teams und koordiniert Fahrzeugdisposition. Die Routenplanung erfolgt z. B. nach Prioritäten (Zufahrten zu Haupteinrichtungen, Hauptwege zuerst). Nach Einsatzende prüfen Kontrollen und Protokolle, ob die Ziele erreicht wurden. Wichtige Prozessbausteine sind dokumentierte Einsatzpläne und Übergabeprotokolle – sie dienen dem Nachweis einer ordnungsgemäßen Durchführung.
Ressourcenplanung: Das Konzept legt fest, welche Geräte und Materialien wann bereitstehen. Beispiele sind große Schneeräumfahrzeuge mit Pflug und Streugutbehälter, Schneefräsen, kleine Traktoren mit Anbau-Kehrmaschinen, Handwerkzeug (Schaufeln, Besen) u. a. Shapiro FM empfiehlt u. a. einen moderneren Fuhrpark mit regelmäßigen Instandhaltungsverträgen, um Ausfallzeiten zu minimieren. Wichtige Materialien sind abstumpfende Streumittel (Splitt, Sand, organische Streugranulate) sowie Reserven an Auftau- oder Haftpuder. Die Vorratshaltung muss so erfolgen, dass Streugut rechtzeitig für alle Einsatzgebiete vorrätig und unter geeigneten Bedingungen gelagert ist. Unterhalts- und Reparaturverträge stellen sicher, dass Fahrzeuge jederzeit einsatzbereit sind.
Kommunikation: Das Konzept regelt Kommunikationswege innerhalb des Teams und nach außen. Wichtig sind klare Meldeketten (Wer informiert wen über Frost- oder Schneeereignisse?), Lage-Updates per Funk/Telefon während des Einsatzes und Eskalationswege bei Problemen. Sinnvoll ist auch ein informelles Reporting ans Top-Management (z. B. via Lagebericht), um Transparenz für Unternehmensleitung und ggf. externe Partner zu schaffen. Die Kommunikation schließt außerdem Schnittstellen zu internen Abteilungen (z. B. Sicherheitsdienst, Hausmeister) und externen Stellen (Wetterdienste, Straßenmeisterei, Kunden/Anwohner) ein.
Standortabhängige Anpassungen
Die Betriebsstruktur muss an Standortcharakteristika und klimatische Bedingungen angepasst werden. In hochalpinen Lagen (starke Schneefälle, Steigungen, Temperaturschwankungen) sind etwa schneefeste Fahrzeuge mit Kettenantrieb, Bergpflug und häufigerer Truppeneinsatz notwendig. Auch sind längere Schichten oder zusätzliche Frühbereitschaft erforderlich. In Küstenregionen wirken Meeresluft und Frost abweichend (z. B. Salzgehalt in der Luft) – hier sind korrosionsbeständige Geräte und möglicherweise besondere Streumittel (reduzierte Salzkonzentration, biologische Enteiser) zu berücksichtigen. In urban dicht bebauten Gebieten stehen kurze Wege, viele Fußgängerbereiche und ständige Kontrollen im Fokus. Auf Industriegeländen dagegen dominieren Großflächen, verkehrsreiche Zufahrten und teils schwere Nutzfahrzeuge. Folglich unterscheiden sich auch Prioritäten: Ein Campus (vgl. Hamburger Beispiel) konzentriert sich auf Fuß- und Radwege sowie Eingänge, während in Logistikzentren die LKW-Zufahrtsstraßen und Rampe höchste Priorität haben. Bei Parkplätzen kann – rechtlich gesehen – auf eine Vollräumung verzichtet werden; viele Betreiber räumen dennoch Zufahrten und Kreuzungen vorsorglich, um Haftungsrisiken zu minimieren.
Als Fallbeispiel Campus zeigt eine Universität ein typisches Konzept: Ihr Winterdienst räumt jährlich über 6 Hektar Gelände und setzt je nach Schneefall Schneeschaufeln, Besen, Schneefräsen oder -pflüge ein. Dabei wird bereits vor dem Eintreffen von Schnee der Einsatz vorbereitet; Abläufe sind klar verteilt – von der Auftragserteilung bis zur Meldung ungeräumter Flächen an die Verantwortliche. In Industrieparks werden oft externe Dienstleister eingesetzt, deren Pflichten im Betriebskonzept vertraglich genau festgehalten werden. Dort ist ein eigenständiger Steuerungskreis empfehlenswert, da Servicezeiten an Schichtpläne angepasst werden müssen. Behörden- und Regierungsstandorte legen besonderen Wert auf Zugänglichkeit wichtiger Gebäude und Sicherheitszonen; das Konzept definiert hier oft feste Dienstzeiten und interne Koordination mit Sicherheitsdienst und Facility-Teams.
Aus den gewonnenen Erkenntnissen leiten sich folgende Empfehlungen ab:
Integration in das Objekthandbuch: Dokumentieren Sie das Winterdienst-Betriebskonzept zusammen mit allen relevanten Gebäudedaten und Abläufen. So bleibt es transparent und wird bei Änderungen aktualisiert.
Klare Verantwortlichkeiten: Definieren Sie schriftlich, wer in jeder Schicht das Sagen hat (einschl. Stellvertreter). Nutzen Sie Personal- oder Einsatzpläne, um Personalressourcen nach Bedarfen (Betriebszeiten, Feiertagsregelungen) zuzuordnen.
Sorgfältige Einsatzplanung: Implementieren Sie ein festes Wettermonitoring und legen Sie Grenzwerte fest (etwa Schneehöhe oder Glatteisdauer), ab denen eine bestimmte Reaktionsstufe greift. Eine zentrale Einsatzleitung (z. B. durch die Betriebshierarchie) sollte alle Einsätze koordinieren.
Ausstattung und Materiallager: Richten Sie einen zentralen Winterdienst-Kosmos (depôts) an den Hauptstandorten ein, mit Brandschutz-gerechten Lagern für Streugut. Schließen Sie Wartungsverträge für alle Maschinen ab. Beachten Sie Umweltschutz: Halten Sie ausreichend abstumpfende, salzfreie Streumittel vor (und dokumentieren Sie Ausnahmen beim Salzgebrauch).
Sicherheitsdokumente und Schulungen: Erstellen Sie Gefährdungsbeurteilungen speziell für Winterdiensteinsätze (Unterweisungen, PSA). Schulen Sie Personal in Rechtsgrundlagen und Unfallverhütung.
Kommunikation und Reporting: Sorgen Sie für regelmäßige Einsatznachbesprechungen und definierte Meldewege zu Vorgesetzten und ggf. Rettungsdiensten (bspw. bei größeren Eislagen). Halten Sie Einsätze protokollarisch fest, um Haftungsfragen zu klären.
Kontinuierliche Optimierung: Evaluieren Sie nach jedem Winter saisonübergreifend Effizienz und Probleme. Passen Sie Organigramm, Prozesse und Ressourcenverteilung an. Nutzen Sie Learnings (z. B. Häufung ungeräumter Stellen) zur Anpassung des Konzepts.