Die Dokumentation spielt im Winterdienst eine zentrale Rolle, um Verkehrs- und Betriebssicherheit zu gewährleisten und Haftungsrisiken zu minimieren. Unter Winterdienst versteht man alle Maßnahmen (Schneeräumen, Streuen, Kontrollfahrten etc.), die im Winter durchgeführt werden, um bei Glätte die Verkehrssicherheit auf Wegen, Plätzen und in Außenanlagen sicherzustellen. Hierfür gilt insbesondere die Verkehrssicherungspflicht (VSP) (§§ 823, 836 BGB): Eigentümer bzw. Betreiber müssen alle zumutbaren Vorkehrungen treffen, damit niemand durch Eis oder Schnee zu Schaden kommt. In kommunalen Straßengesetzen und Richtlinien (z.B. FGSV-Merkblatt Winterdienst) heißt es entsprechend, dass Schnee und Eis „nach besten Kräften zu bekämpfen“ sind. Dies umfasst auch Außenanlagen privater und gewerblicher Liegenschaften: Der Eigentümer oder Betreiber kann zwar Aufgaben delegieren, bleibt aber seiner Kontrollpflicht nach §823 BGB unterworfen. Vor diesem Hintergrund schafft eine klare anweisende Dokumentation die Grundlage für alle operativen Abläufe im Winterdienst, während die nachweisende Dokumentation (z.B. Einsatzprotokolle) den rechtssicheren Nachweis über durchgeführte Maßnahmen erbringt.
Ein fundiertes Dokumentationssystem im Winterdienstprozess ist nicht nur ein bürokratischer Zusatzaufwand, sondern integraler Bestandteil der Verkehrssicherungspflicht und des Risikomanagements im Facility Management. Theoretisch liegt dem anweisenden Dokumentationssystem die Idee zugrunde, klare Vorgaben für alle Beteiligten zu schaffen. Praktisch bedeutet dies, Winterdienst genau zu planen, auszuführen und lückenlos nachzuweisen – von der Materialbeschaffung über die Einsatzplanung bis zur abschließenden Aufbereitung der Protokolle. Für die FM-Führungskräfte geht es darum, diesen Prozess strategisch zu verankern: Sie müssen sicherstellen, dass Regeln und Normen beachtet werden, dass alle Zuständigkeiten geklärt sind und dass die Dokumentation zur täglichen Routine gehört. Nur so kann der Winterdienst seine Aufgabe erfüllen, Menschen vor Unfällen zu schützen und gleichzeitig die Organisation vor Schadensersatzforderungen zu bewahren.
Im Facility Management unterscheidet man klassischerweise drei Dokumentationsarten: anweisende Dokumentation (Planungs- und Arbeitsunterlagen, Verfahrensanweisungen, Wartungs- oder Einsatzpläne), technische Dokumentation (Bauanleitungen, Prüfanweisungen) und nachweisende Dokumentation (Protokolle, Berichte, Checklisten). Die anweisende Dokumentation bildet dabei den Ausgangspunkt aller operativen Tätigkeiten: Sie legt verbindlich fest, was wie zu tun ist. Wartungsverträge, Einsatzpläne, Arbeits- und Sicherheitsanweisungen sind Beispiele dafür. Durch solche Vorgaben werden Arbeitsabläufe standardisiert und die Qualität sichergestellt. Die nachweisende Dokumentation dient als Kontroll- und Beleginstrument: Sie sichert gegenüber Behörden und Versicherern den Einhalt gesetzlicher Vorgaben und erleichtert den Entlastungsbeweis im Haftungsfall. Integrierte Managementsysteme (z.B. ISO 9001, ISO 41001) empfehlen, Abläufe strukturiert zu dokumentieren und laufend zu aktualisieren, um Wissensverluste zu vermeiden und die Organisation zu optimieren. Im Winterdienst-Prozess konkret bedeutet dies: Die anweisende Dokumentation enthält etwa strategische Einsatzpläne oder SLS-Verträge (Service Level Agreements) mit externen Dienstleistern, während die nachweisende Dokumentation u. a. Fahrt- und Streuprotokolle, GPS-Logbücher oder digitale Berichte umfasst. Praxisbeispiel: Laut FM-Fachliteratur ist die anweisende Dokumentation „der Ausgangspunkt für alle operativen Aktivitäten im Facility Management“ und wesentlich für Standardisierung und Qualitätssicherung der Instandhaltungsprozesse.
Rechtlicher Rahmen: Verkehrssicherungspflicht und Normen
Die rechtlichen Vorgaben für Winterdienst und Dokumentation ergeben sich zum einen aus allgemeinen Pflichten, zum anderen aus fachspezifischen Normen. Kern ist die Verkehrssicherungspflicht (VSP): Eigentümer bzw. Betreiber müssen Gefahrenquellen auf ihrem Grundstück erkennen und beseitigen. Für Außenanlagen gilt dies ebenso wie für öffentliche Wege: Schnee- und Eisglätte sind „nach besten Kräften“ zu beseitigen. Werden Aufgaben (z.B. Räumung eines Privatgrundstücks) an Dritte übertragen, entbindet dies den Grundstücksverantwortlichen nicht von seiner Aufsichtspflicht – er muss nachweisen können, dass er Kontroll- und Organisationspflichten erfüllt hat. Das BGB stärkt diesen Grundsatz: Nach §§ 823, 836 BGB haftet der Grundstücksbesitzer für Schäden Dritter durch Vernachlässigung der VSP.
Zusätzlich bestehen länderspezifische Straßen- und Wegegesetze, die Räum- und Streupflichten für Kommunen und Anlieger festlegen, sowie Vorschriften des Arbeitsschutzes (ArbSchG, DGUV) für Beschäftigte im Winterdienst. Fachnormen unterstützen die Dokumentation und Durchführung: So definiert etwa DIN 18919 die Standards für Pflegearbeiten an Grünflächen (Unterhaltungspflege), DIN 18320 legt allgemeine ATV des Landschaftsbaus fest (z.B. Art der Pflasterarbeiten, Pflegearbeiten), und DIN 276 Teil 7 („Instandhaltungskosten“) enthält Kostengliederungen auch für Winterdienstleistungen. Normen der Gebäudebewirtschaftung (z.B. DIN EN 15221 für FM-Prozesse, ISO 41001 für FM-Management) und Leitfäden (z.B. VdS oder DIN SPEC für Betreiberverantwortung) fordern eine klare Dokumentation von Betriebs- und Sicherheitskonzepten. Spezifische Fachregeln adressieren den Winterdienst direkt: Das FGSV-Merkblatt M Winterdienst (Ausgabe 2020) etwa beschreibt rechtliche, technische und organisatorische Grundlagen von der Einsatzvorbereitung bis zur Dokumentation. Dazu zählt die Pflicht, Streupläne zu erstellen und Änderungsgründe bei Abweichungen festzuhalten. Auch Verkehrszeichen-Normen spielen eine Rolle – so empfiehlt etwa DIN 67520 ein Warnschild „Eingeschränkter Winterdienst“, wenn nur eingeschränkte Maßnahmen ergriffen werden. Diese Standards und Regelwerke schaffen Orientierungsrahmen: Sie machen deutlich, dass zu Dokumentationspflichten nicht nur Datenerfassung, sondern auch sorgfältige Planung und Delegation gehören.
Prozessintegration und Dokumentationsmanagement
Ein wirkungsvoller Winterdienst ist als integrierter Facility-Prozess zu verstehen: Er beginnt in der Planungsphase (z.B. Festlegung von Zuständigkeiten, Vorbereiten von Streugut und Einsatzfahrzeugen) und endet nachträglich in der Aufbereitung der Dokumentation. Die anweisende Dokumentation legt fest, was zu tun ist: Regelpläne und Streukonzepte beschreiben Priorisierungen (z.B. Hauptverkehrswege vor Nebenwegen) und Standards (Zeitpunkt der Aufräumung, erlaubte Streumittel). Beispielsweise sollten Treppen und Rampen in Außenanlagen mit rutschhemmendem Belag versehen werden, der einen Winterdienst überhaupt ermöglicht. Die Dokumentation muss Verantwortlichkeiten festhalten: Wer den Dienst leitet, wer die Fahrzeuge bedient und wer die Kontrollen durchführt.
Zur nachweisenden Dokumentation gehören detaillierte Berichte über den Einsatzverlauf.
Dabei sind u.a. folgende Angaben empfehlenswert:
Priorisierung und Strategie: Auf welchen Kriterien (Verkehrsaufkommen, Gefahrenstellen) die Prioritäten basieren und wer diese entschieden hat.
Einsatzpläne: Detaillierte Streu- und Räumpläne mit Zeitfenstern, zugewiesenen Personal- und Maschinenressourcen.
Einsatzzeiten: Beginn- und Endzeit jedes Einsatzes sowie Wetterbedingungen.
Personal und Material: eingesetztes Personal und Fahrzeuge, verwendete Streumittel (Art, Menge).
Abweichungen: Dokumentation von Planabweichungen (z.B. Sperrungen, Pannen) inklusive Gründen und Gegenmaßnahmen.
Diese Daten kann man sowohl manuell (Protokollblätter, Listen) als auch elektronisch erfassen. Moderne CAFM-Systeme und GPS-basierte Trackingsysteme erleichtern dies erheblich: Sie zeichnen automatisch Routen, Zeiten und Streumengen auf und liefern rechtssichere Daten. Digitalisierte Lösungen sichern Vollständigkeit und Plausibilitätskontrolle („wer, wann, wo, was“). Entscheidend ist jedoch, dass diese Rohdaten in eine verständliche Einsatzdokumentation überführt werden. Eine systematische Prozessintegration sieht auch vor, dass die Dokumentation zeitnah erstellt, geprüft und abgelegt wird, bis die Verjährungsfrist für Ansprüche abgelaufen ist.
Best-Practice: Risikoprävention und Haftung
Vorausschauende Planung und Dokumentation sind zentrale Elemente des Risikomanagements im Winterdienst. Wie alle Teile des Facility Managements dient auch die Winterdienst-Dokumentation der Gefahrenabwehr: Regelmäßige Kontrollen und deren Aufzeichnung „sichern vor Gericht“ ab, wenn Unfälle passieren.
Wesentliche Präventionsmaßnahmen umfassen:
Materialien und Ausstattung: Wahl temperatur- und frostbeständiger Beläge sowie Streumittel, die wirksam und zugleich umweltverträglich sind. Beispielsweise verlangen viele Gemeinden aus Umweltschutzgründen den Verzicht auf chloridbasierte Streusalze – stattdessen kommen Splitt oder Sand zum Einsatz. Die Auswahl und Lagerung der Streumittel und Einsatzmittel sollte dokumentiert werden.
Organisation: Festlegung klarer Zuständigkeiten und Ablaufpläne; Mindestpersonal (inkl. Springer-Personal) vorhalten. Schulungen und Unterweisungen steigern das Sicherheitsbewusstsein und garantieren die Fachkunde der Einsatzkräfte. Oft wird empfohlen, Checklisten oder Handbücher bereitzustellen (eine „Hausmeister-Mappe“ etwa enthält nützliche Vorlagen).
Kontinuierliche Überprüfung: Nach jedem Wintersemester sollte man die Wirksamkeit der Dokumentation bewerten. Die Erfahrungswerte fließen in eine jährliche Aktualisierung der Prioritäten ein. Beispielsweise kann man anhand der Aufzeichnungen gefährliche Engstellen erkennen, die künftig früher oder häufiger behandelt werden müssen.
Transparenz: Öffentliche Aushänge oder digitale Meldeportale können Anwohner und Mitarbeiter für das Thema sensibilisieren. Warnschilder („Betreten auf eigene Gefahr“, „Achtung Rutschgefahr“) und „Kein Winterdienst“-Schilder an ungemeldeten Wegen schaffen Rechtssicherheit, wenn keine Bereinigung erfolgt.
Eine lückenlose Dokumentation dient nicht zuletzt der Haftungsminimierung. Im Schadenfall kann sich der Verantwortliche mit ihr entlasten: Durch Protokolle lässt sich gegenüber Versicherungen und Behörden nachweisen, dass alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden. Ohne solche Nachweise droht das Risiko der Beweisnot – das Unternehmen trägt allein den Nachweis der ordnungsgemäßen Organisation. In der Praxis hat sich daher bewährt, nicht nur Soll-Planungen, sondern auch Ist-Daten sorgfältig zu archivieren. Dieses Konzept wird in der Literatur auch als „Betreiberverantwortung“ (EiBeV-Modell) thematisiert: Eigentümer sollen ihre Dokumentationen so führen, dass sie bei rechtlichen Streitigkeiten einen Entlastungsbeweis erbringen können.
Für Führungskräfte im Facility Management folgt aus diesen Vorgaben eine Reihe von Verantwortlichkeiten:
Planung und Budget: FM-Leiter müssen für den Winterdienst adäquate Ressourcen (Personal, Fahrzeuge, Streumittel) einplanen und finanzieren. Dies umfasst auch Investitionen in Dokumentationssysteme (z.B. CAFM-Module, mobile Apps). Da der Winterdienst stark witterungsabhängig ist, empfiehlt sich ein Risikopuffer im Budget. Die Kosten sollten gemäß DIN 276 Teil 7 dokumentiert werden, um Transparenz zu schaffen (bspw. Position „Winterdienst und Schnee- räumung“ unter Unterhaltungskosten).
Organisation: Aufbau einer übersichtlichen Betriebs- und Kontenstruktur. Verantwortlichkeiten – z.B. des Objektrundgangsdienstes oder des Hausmeisters für den Räumdienst – sind in Stellenprofilen und Dienstanweisungen zu verankern. Dabei gilt die Delegationstransparenz: Auch wenn Dritte wie Kehrbetriebe oder Lohnunternehmer beauftragt werden, bleibt das Unternehmen in der Pflicht und muss ihre Leistung kontrollieren. FM-Leiter sollten klare Schnittstellen definieren: Wer meldet Schnee, wer führt das Protokoll, wer wertet die Daten aus.
Prozesssteuerung: Etablierung standardisierter Abläufe, etwa über einen Regelkreis „Plan–Do–Check–Act“. Einsatzpläne sind zu erstellen und während des Winters fortzuschreiben. Bei Abweichungen müssen zeitnah neue Anweisungen (z.B. geänderte Prioritäten bei extremen Witterungsereignissen) dokumentiert werden. Entscheidend ist die Rückkopplung: Nach der Saison sollten Lessons-Learned-Workshops erfolgen und die Dokumentationsprozesse angepasst werden.
Compliance und Reporting: Die FM-Leitung muss sicherstellen, dass Dokumentationsanforderungen tatsächlich eingehalten werden. Dies kann durch interne Audits oder Stichproben geschehen. In der Berichterstattung ans Management oder an Aufsichtsorgane sind Kennzahlen wie die Einhaltung von Räumzeiten, Reaktionszeiten oder Dokumentationslücken aufzubereiten. Ein gutes System liefert halbautomatische Reports aus den aufzeichneten Daten (z.B. GPS-Protokoll des Nachtlaufes). Diese Reports dienen gleichermaßen der Qualitätssicherung wie der Rechenschaftslegung gegenüber Eigentümern und Behörden.
Mitarbeiterführung und -schulung: Gerade im Winterdienst sollten FM-Leiter Wert auf Fortbildung legen. Regelmäßige Schulungen zu Rechtsfragen (Haftung, VSP) und Arbeitsschutz (Rutschtraining, PSA) verbessern die Sorgfaltspflicht. Zudem tragen klare Kommunikationswege dazu bei, dass Anordnungen verstanden und befolgt werden. Das Personal sollte die Dokumentationspflichten kennen – etwa das Führen eines Streuprotokolls im Einsatzfahrzeug.
Praxisempfehlung: Viele Einrichtungen setzen inzwischen auf digitale Lösungen (Winterdienst-Apps, GPS-Tracker). Diese können automatisch Einsatzdetails protokollieren und zentral auswerten. Für den FM-Leiter entstehen hier allerdings neue Aufgaben: Auswahl geeigneter Software, Gewährleistung der Datenschutzkonformität (Personendaten in den Logs) und Schulung der Nutzer im Umgang damit. Langfristig kann sich eine solche Investition rechnen: Sie entlastet das Personal von administrativen Nebenaufgaben und liefert schlüssige Dokumentationen, die im Haftungsfall als Beweismittel taugen.